Tschernobyl, Fukushima und der lange Schatten von Cattenom sind die Triebfedern der Energiewende auch in der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf (Kreis Bernkastel-Wittlich/ Rheinland-Pfalz).
Die Anti-Atomkraftbewegung in Deutschland kann als eine der erfolgreichsten Basisbewegungen in Deutschland bezeichnet werden. Wobei der Hauptslogan „Atomkraft – Nein Danke“ seit einigen Jahren aus guten Gründen von dem Slogan „Erneuerbare Energien – Ja Bitte“ ergänzt worden ist.
Ein wenig verblasst ist dabei die fundamentale Aussage, dass die „nicht verbrauchte, die eingesparte Energie die wichtigste Energie“ ist. Es gibt insbesondere bei Regierungsgrünen offensichtlich die Illusion, dass der gigantische Energieverbrauch in den „fortgeschrittenen Industrieländern“ wie in Deutschland komplett durch den Ausbau von Erneuerbaren Energien, insbesondere der Windkraft, ersetzt werden könnte.
Die Einstellung führt dazu, dass gelegentlich jegliche Kritik an dem Ausbau von Windkraft in Rheinland-Pfalz, einem Kernanliegen der Mainzer Regierungsgrünen, pauschal als komplette Ablehnung der notwendigen Energiewende angesehen wird.
Die überspitzten Gegenreaktionen dazu sind, dass in der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf ein Geistlicher von der „Rückkehr zur guten alten Kohle“ schwärmt (Anm.: Steinkohle wird inzwischen zu 85 % importiert).
Oder aber der Hauptakteur der Kritikergarde zum Ausbau von Windkraft eine 100 %ige Umstellung auf ausschließlich Erneuerbare Energien bei der Stromversorgung wie auch der Gesamtenergieversorgung zu einer Illusion erklärt.
Ein Illusion wäre es, wenn nicht klarer Wein eingeschenkt wird: wenn nur beiläufig darauf hingewiesen wird, dass weitaus erheblichere Energieeinsparmaßnahmen unausweichlich sind.
Man denke nur z.B. an die energieintensiven Verarbeitungs- und Transportwege, die Agrarprodukte aus der Hunsrückregion in Form von diversen Milchprodukten in alle Welt verursachen. Oder daran, wie miserabel der öffentliche Nahverkehr in den ländlichen Regionen ist – und die Menschen, selbst wenn sie anders wollten, zur Nutzung eines PKW zwingt. Letztlich muss sich ein jeder an die eigene Nase packen, ob nicht im eigenen Haushalt auch noch einiges an Energie einzusparen wäre.
Von den Kritikern der Windkraft werden hingegen die Gefahren durch das grenznahe französische Atomkraftwerk Cattenom heruntergespielt oder aber der von Menschen wesentlich verursachte Klimawandel faktisch geleugnet.
Dabei wird immer wieder geflissentlich betont, man sei nicht generell gegen den Ausbau von Windkraft, aber wenn schon, dann mit Weitblick bitte. Also am besten weit weg von menschlichen Wohnsiedlungen, weit weg vom Eigenheim im Grünen. – Und selbstverständlich dennoch ohne neue Stromtrassen.
Und somit manövrieren sich die Windkraftkritiker, die sich zunehmend als prinzipielle Windkraftgegner in der Öffentlichkeit darstellen, ins Abseits. Vor allem dann, wenn sie den Gemeinderäten und Bürgermeistern von verschuldeten Kommunen pauschal vorwerfen, dass Letztere nur ans Geld denken, um die Haushaltslage zu verbessern. Als ob es verwerflich wäre, durch regionale Wertschöpfung zu versuchen, die Schulden zu verringern und somit die ländliche Infrastruktur aufrecht zu erhalten.
Wobei festzuhalten ist, dass die finanzielle Ausstattung der Gemeinden durch Zuweisungen durch das Land tatsächlich skandalös ist.
Klar ist zudem, dass angesichts der globalen Kapitalverflechtungen es am besten wäre, wenn die Gemeinden als eigenständige Betreiber von kommunalen Windparks agieren könnten – einschließlich direkter Bürgerbeteiligungen. Ein Blick auf die meist leere Kassen erlaubt indes ein solches Vorgehen in der Regel nicht.
Dabei haben die Windkraftkritiker durchaus Erfolge zu verzeichnen, auch in der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf. Sie haben die Bürgerinnen und Bürger für das Thema sensibilisiert. Dahingehend, dass es darauf ankommt, Windkraft geordnet und in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen auszubauen. Sie haben auf die hohe Bedeutung des Natur- und Tierschutzes hingewiesen. Mit der positiven Folge, dass mehr oder weniger klaglos anerkannt wurde: Der Rotmilan, der Schwarzstorch, die Fledermaus, sowie Belange von Umwelt- und Naturschutz dürfen nicht dem Ausbau der Windkraftanlagen hemmungslos geopfert werden.
Auf manchen Veranstaltungen, wo Befürworter des Ausbaus von Windkraft und Windkraftkritiker aufeinander prallten, wurde öffentlich von letzteren spöttisch behauptet, dass man nicht so viel Aufhebens über geschredderte Vögel machen sollte, es gäbe genug davon. Solche zynischen Aussagen wurden auf Informationsveranstaltungen innerhalb der Verbandsgemeinde Thalfang .a.E. allerdings nirgends abgesondert.
Ebenso können die Windkraftkritiker es für sich als einen Erfolg verbuchen, dass es aussichtlos geworden ist, Windkraftanlagen in sensiblen Wasserschutzgebieten errichten zu wollen.
Umso verwunderlicher ist es, dass angesichts dieser Erfolge die zwei Frontleute der Windkraftkritiker im Verbandsgemeinderat der VG Thalfang a.E. sich mit ihren Stimmen gegen die Aufstellung eines geordneten Flächennutzungsplanes ausgesprochen haben. Gleichzeitig beklagen sie indes immer wieder, dass es nicht zu einem Wildwuchs von Windenergieanlagen wie bei Simmern/Hunsrück kommen dürfe.
Hier haben sich die Windkraftkritiker eindeutig verrannt und laufen Gefahr, all ihre bisherigen Erfolge leichtfertig zu verspielen. Sie attackieren vehement, dass im Unterschied zu den Nachbargemeinden wie der Verbandsgemeinde Hermeskeil oder der Einheitsgemeinde Morbach die Mindestabstände zu Wohngebieten nicht auf 1000 m sondern nur auf 800 m festgelegt wurden. Aus Protest dagegen verweigerten sie die Zustimmung zur Fortschreibung des Flächennutzungsplanes in der Verbandsgemeinderatssitzung der VG Thalfang a.E. vom 5. November 2014.
Sie übersehen dabei, dass die Empfehlung der Landesregierung von einem Mindestabstand von 800 m zu Gemeinden (Mischgebieten Wohnen/Gewerbe) ausgeht. Das bedeutet allerdings nicht, dass eine jegliche Windkraftanlage bei einem 800 m – Abstand hinsichtlich des Lärm- und Sichtschutzes usw. – automatisch genehmigt werden wird. Die Windkraftkritiker im Verbandsgemeinderat der VG Thalfang a.E verweigern sich somit der Einsicht, dass ein Flächennutzungsplanung nur die örtlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung der politisch gewollten Energiewende nach dem Supergau von Fukushima sichert.
Dies gerade auch deshalb, um einen unkontrollierten Ausbau von Windkraft zu verhindern. Solch ein unkontrollierter Ausbau tritt jedoch gerade dann ein, wenn kein kommunaler Flächennutzungsplan existiert. In letzterem Fall sieht das Baugesetzbuch für bestimmte Bauvorhaben im Außenbereich von Gemeinden bestimmte Privilegien vor – davon profitieren unter anderem auch Windenergieanlagen. (Anm.: unabhängig von der Existenz eines Flächennutzungsplans ist das behördliche Genehmigungsverfahren zu durchlaufen)
Die Tatsache, dass sich in der Verbandsgemeinde Thalfang a.E. 21 Ortsgemeinden auf einen gemeinschaftlichen Windsolidarpakt geeinigt haben, der auch solchen Gemeinden Einnahmen aus der Verpachtung von Windkraftanlagen ermöglicht, wird von den Windkraftkritikern ebenfalls zu wenig beachtet.
Beides, das Anrennen gegen einen geordneten Flächennutzungsplan, die faktische Geringschätzung des Windsolidarpaktes, nährt allerdings den Verdacht, dass es dem harten Kern der Windkraftkritiker eben nicht um einen Ausbau von Windkraft mit Weitblick geht, sondern schlichtweg um die Devise „Nur ein Windrad, was nicht gebaut wird, ist ein gutes Windrad!“ Dieser Verdacht wird genährt, wenn unverdrossen innerhalb der VG Thalfang a.E. behauptet wird, dass nicht vollkommen auszuschließen ist, dass vielleicht doch noch Windenergieanlagen in Wasserschutzgebieten innerhalb der VG Thalfang a.E. gebaut werden könnten, wenn zukünftig der Flächennutzungsplan doch noch geändert werden sollte. (Anm.: Wasserschutzgebiete der Kategorie I dürfen nach dem Wasserhaushaltsgesetz nicht bebaut werden, bei der Kategorie II wird in aller Regel eine Baugenehmigung versagt – dies betrifft sämtliche Bauvorhaben, nicht nur Windenergieanlagen.)
Kurzum: Die Windkraftkritiker geraten völlig ins Abseits, wenn sie sich aus dem parteiübergreifenden Dialog über eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung ohne Zerstörung unserer Lebensgrundlage ausklinken
Die von der lokalen evangelischen Geistlichkeit in Thalfang empfohlene Rückkehr zur „guten alten Kohle“ widerspricht angesichts der gigantischen Braunkohlengruben in Garzweiler sicherlich dem Leitbild von der „Bewahrung der Schöpfung“. Und kommt als ernsthafter Beitrag für einen Dialog über die Sicherung der Energieversorgung nicht in Betracht.
Konstruktive Vorschläge von den lokalen Akteuren der Windkraftkritiker zur Gestaltung der Energiewende sind leider eine Fehlanzeige.
Vielleicht, weil zunehmend mehrheitlich unbestritten ist: Eine nachhaltige Energiewende bedingt den sofortigen Ausstieg aus der nicht beherrschbaren Atomkraftnutzung einschließlich der völlig ungelösten Frage der radioaktiven Atommüllentsorgung sowie den Abschied von der klimaschädlichen Kohlekraftnutzung.
Ganz zu schweigen von den erbärmlichen Arbeitsbedingungen in den Uranabbaustätten, die die dort schuftenden Arbeiter einem hohen Krebsrisiko aussetzen. Ebenso ist auf die kriegerischen, den Weltfrieden bedrohenden Verwicklungen insbesondere im Irak und Syrien zur Sicherung von Rohstoffquellen wie Erdöl hinzuweisen. Der Einsatz von Fracking zum Gewinnen von Erdgas in den USA und demnächst womöglich auch in Deutschland ist enorm energieintensiv und keineswegs umweltfreundlich.
Zudem versiegen die neuen Quellen rasch: Nach einem Jahr ist bereits die Hälfte der Fördermenge erreicht. Der Abbau von Ölsandvorkommen in Kanada geht ebenfalls mit einer kaum noch in Worte zu fassenden Umweltzerstörung einher. Der kriegerische Konflikt in der Ukraine zeigt zudem auf, wie dringend notwendig es ist, die deutsche/europäische Energieversorgung komplett auf Erneuerbare Energien mit Schwergewicht auf Energieeinsparen umzugestalten. Eine Herkulesaufgabe, an der wir uns mit unseren Kräften hier vor Ort verantwortlich auch in Hinblick auf die nachwachsenden Generationen beteiligen sollten.
Auf eines kann diese globale Energiewende allerdings auf keinen Fall
verzichten: auf den geordneten Ausbau von Windkraftanlagen im ländlichen Raum wie z.B. in der Verbandsgemeinde Thalfang am Erbeskopf. Über das Wie darf, ja muss, weiterhin gestritten werden. Aber für die Windkraftkritiker auch in der VG Thalfang a.E. stellt sich aktuell die Frage „Quo Vadis“ – Wohin des Weges?